Potsdamer Konferenz - Forum II
Prof. Dr. Maria Eleonora Karsten Internationalisierung und Globalisierung
Im Kontext einer Expertise (Erscheinungsjahr 2000): "Entwicklung des Qualifikations- und Arbeitskräftebedarfs in personenbezogenen Dienstleistungsberufen", wurde der Rahmen einer angemessenen Bestimmung von personenbezogenen Dienstleistungsarbeiten, insbesondere von Frauen entwickelt. Es geht dabei darum, Erkenntnislücken und Unschärfen zu überwinden und dadurch die Dienstleistungsarbeit und die Berufsausbildungen in ein neues Verhältnis zu setzen.
Die Durch- und Neuordnung der Denkmodelle zu Berufsausbildungen und personenbezogener Dienstleistungsarbeit, gerade im Interesse der Gender-Mainstreaming-Strategie, erfordert die Reflexion mindestens folgender Zusammenhänge: Als ausgewählte Argumentation aus der Expertise wird nachfolgend zitiert:
"Besondere Unschärfen entstehen durch die Bestimmung personenbezogener Dienstleistungsarbeit als "unproduktiver Arbeit", weil ihre Bedeutung für die Bruttowertschöpfung - 1985 immerhin bereits 55 % - ungesehen bleibt, ebenso wie die Differenzierung zwischen "produktiven und unproduktiven Dienstleistungen" dazu einladen, im Dienstleistungssektor selbst höhere oder niedrigere Bewertungen vorzunehmen oder nur einen Bereich, unternehmens- oder personenbezogene Dienstleistungen zu verabsolutieren.
Mit dieser Blickrichtung bleiben die personenbezogenen Dienstleistungen weiterhin dem Produktionsprozess nachgeordnet, verschwinden gleichsam.
Obschon die Erkenntnisse über den Zusammenhang von Qualität der Dienstleistung und dem Niveau ihrer Professionalisierung seit rund zehn Jahren vorliegen, hält sich verbreitet dennoch eine deutlich industriearbeitsgeprägte Sicht, die personenbezogene Dienstleistungen den produktionsorientierten Arbeiten und Berufen nachordnet und sie dadurch als gesellschaftlich weniger relevant definiert. Die Einschätzung, dass personenbezogene Dienstleistungen Berufe jener Art umfassen, "die Männer den Frauen übrig gelassen haben" (Rabe-Kleberg 1994), hält sich hartnäckig.
Demgegenüber steht die zunehmende internationale Bedeutung an Dienstleistungen für die Ökonomie, für Qualität, für den sozialen und politischen Kontext der materiellen Produktion. Gerade im Hinblick auf die zukünftige Qualität der Lebensgestaltung aber geht es darum, eine auch ökonomisch angemessene Betrachtungsweise für die "Investitionen in die Zukunft" Dienstleistungen, Wissen und soziale Kreativität zu entwickeln.
"Vor allem im internationalen Wettbewerb gewinnen Leistungen und Anteil an Dienstleistungen, die den sozialen, qualifikatorischen, politischen und kulturellen Rahmen der materiellen Produktion zu liefern und zu sichern haben, zunehmend an ökonomischer Bedeutung. Zweifellos sind sie schwierig in Berechnungsmodalitäten zu fassen, die am industriegesellschaftlichen Zuschnitt (nicht Dienstleistungszuschnitt) der Gesellschaft orientiert sind. Sie gehen als indirekte Gewinnmaximierungsvorteile und als Reduktion von Kosten in ökonomische Kalküle ein. Das mag spitzfindig klingen, aber die These, dass Dienstleistungen Geld verschlingen, während Handwerk und Industrie Werte schaffen, ist eine ökonomisch und sozial veraltete Blindflugthese, die nicht nur die Sachlichkeit der Debatte gravierend erschwert, sondern auch den ökonomischen Blick auf die Rolle und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Verhältnisses von langfristig existenzsichernden und unmittelbar einsparenden Effekten durch die Qualität von Dienstleistungen verstellt. Kommen wir also nicht mit so einfachen Dichotomien von gestern, denn es sollte uns heute bewusst sein, dass ohne Investitionen und Qualitätssicherung der Instandhaltung, der Infrastruktur, der Gesundheits- und Wissensakkumulation der Menschen, v.a. der sekundäre Sektor leerläuft. Dienstleistungen greifen nicht nur ein in die Produktion, sondern auch in die Kreativität und die Ökonomie des Lebens.
Die Zukunft der Arbeitsgesellschaft in den Blick zu nehmen bedeutet also, den Wandel der Wertschöpfungsthesen selbst ernstzunehmen. Was für die Physiokraten - und heute noch für Agrargesellschaften - als Quelle des Reichtums galt, die Erde nämlich, musste bei den Merkantilisten dem Handel weichen und erst die politische Ökonomie (Ricardo, Smith) hat die produzierende Arbeit als den eigentlichen Quell des Reichtums ausgemacht. Heute erscheint die Wissensgesellschaft als Investitionsprogramm der Zukunft in Europa. Der Wandel dieser Einschätzungen macht ökonomischen Wandel historisch sichtbar - und mit ihm die kulturelle Dimension im Wandel unseres Verständnisses darüber, wie moderne Dienstleistungen für die gesellschaftliche Entwicklung zu werten sind" (Krüger 1999: 7).
Im Zentrum dieses durchgreifenden und strukturbildenden Wandels zur Dienstleistungsgesellschaft, so aufbauend auf Krüger, stehen Frauen, ihre Erwerbsbeteiligung, die auf sie ausgerichtete Beschäftigungs- und (Berufs)-Bildungspolitik und die dadurch entstandene Bedeutung ihrer Existenzsicherung, wiederum wesentlich im personenbezogenen Dienstleistungssektor.
In den personenbezogenen Dienstleistungen im Gesundheits-, Erziehungs-, Sozial-, Pflege- und Beratungsbereich aber, so die weitere Argumentation von Krüger (1999), vermengen sich das "kulturelle Erbe" der um die Jahrhundertwende etablierten Geschlechtertrennung in einer Familien-Männer-Ernährerpolitik und eine weitgehend familial-privat-unbezahlt erbrachte Frauen-Dienstleistungsarbeit. Eine solche Lösung wird als in der Industrialisierung etabliert, sozialhistorisch eingelebt, in den ungleichen Verteilungen zwischen Geschlechtern eingeschrieben, für öffentliche Leistungen günstig, weil billig und in der Subsidiaritätsstruktur abgefedert beschrieben.
"Die traditionelle Lösung der Bundesrepublik stützt sich auf eine um die Jahrhundertwende etablierte Geschlechtertradition. Im Gegensatz zu angloamerikanischen Industriegesellschaften setzte sich in Deutschland die Familienernährer-Lohnpolitik für Männer durch, im Gegenzug entlastet und ausbalanciert durch weitgehende, aber unbezahlte Zuständigkeiten der Frauen für Familien- und Nachbarschaftsarbeit (Drechsel u.a. 1988), als Ergänzung zu öffentlicher (Halbtags-)Schulpolitik und privatisierter Kleinkind- und Altenpflege, erweitert um geringfügige Beschäftigung/Niedriglohnverhältnisse in großen Teilen öffentlicher personenbezogener Dienstleistungen. Aus diesen traditionellen Denkmustern herauszukommen, ist in Deutschland dreifach schwierig: sie sind
Eine solche, durch Politik, Gesetzgebung, weitere Rechtsvorschriften, soziale Normen und geschlechtsspezifisch differenzierte Macht bildet zugleich die Grundlage für diese quasi normale "soziale Ordnung der Familie" (Karsten/Otto 1996), auf die gerade in Zeiten der Verknappung finanzieller Ressourcen immer wieder zurückgekehrt wird und die dabei über den Weg der Traditionsbildung sogar heute noch auf Akzeptanz trifft. Dies hat zur Folge, dass die Qualität der Dienstleistung scheinbar legitim verschoben werden kann, im Interesse der Ökonomie, auf DienstleistungserbringerInnen, die diese Leistung als Laien und nicht fachlich und beruflich gesichert tun. Diese Anfälligkeit bringt Qualität und Qualifikation für personenbezogene Dienstleistungen zueinander in immer neuere Schieflagen.
Es ist also die Aufgabe, gleichzeitig die personenbezogenen Dienstleistungen aus ihrer Vermischung mit der Geschlechterfrage zu lösen und im Interesse von Qualitätssicherung den Zusammenhang von Qualifikation und beruflicher Bildung zu thematisieren:
"Der bisherige Durchgang durch die blickverstellenden Assoziationsfelder rund um die Dienstleistungen hat belegt, dass das kulturelle Erbe der bundesdeutschen Dienstleistungsgesellschaft nicht das der Berufsfachlichkeit der Industriegesellschaft ist. Es ist Folge einer Tradition, in der die Qualitätssicherung von Dienstleistungen durch die Geschlechterfrage unterminiert wurde. Für die Existenzsicherung der Zukunft ist es deshalb unabdingbar, in der Dienstleistungsdebatte ein neues Thema zu etablieren: das der Rolle des Zusammenspiels von Qualifikation und beruflicher Bildung jenseits von Geschlecht" (ebd. 1999: 9).
Und dies erfolgt zu einem Zeitpunkt, in dem als empirisch gesichert gilt, dass Frauen die dominante und zahlenmäßig stärkste Gruppe der Erwerbstätigen im personenbezogenen Dienstleistungssektor sind. Auch der Bereich der Eigenarbeit, so zeigen Zeit-Studien, ist vorwiegend eine Domäne von Frauen. Das Verhältnis von Zeit für Erwerbsarbeit zu Zeit für Eigenarbeit gestaltet sich bei Frauen im Verhältnis von 30 % : 70 % und bei Männern von 61 % : 39 % (Wagner 1999: 58).
Für die Reflexion dieser Entwicklung und die gestaltungsinteressierten Entwürfe, die in der Dienstleistungsarbeit, der Dienstleistungs-, Wissens- und Informationsgesellschaft eine Chance sehen, gilt es also gleichermaßen arbeits-, beschäftigungs- und berufsbildungsbezogen nicht nur die Chancen einzelner Bereiche, sondern auch die (alten) und neuen Risiken für Frauen auszuloten.
Es gibt somit gute Gründe, Gender-Mainstreaming in diesem Frauenberufsbereich einzufordern und zu praktizieren, denn die Tatsache, dass hier Frauen quantitativ breit vertreten sind, bedeutet keineswegs, dass sie in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung anerkannt und angemessen bewertet sind.
Mit vorstehenden Argumentationen werden genauere Beobachtungen des Arbeitsmarktes in personenbezogenen Dienstleistungsberufen für Frauen, des Berufsbildungssystem für diese Dienstleistungsberufe, der Zusammenhang von Arbeitsorganisation, Arbeitsverhältnisgestaltung und gesellschaftlicher Bewertung, also existenzsichernder Entgelte sowie der Sicherung der Qualität der Arbeit durch gesellschaftlich anerkannte und geschützte Arbeitsbedingungen und Arbeits- rsp. Tätigkeitsprofile direkt herausgefordert.
Genau dies ist es aber auch, was das Programm der EU zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen programmatisch einfordert und als zentrale Aufgaben für Bildungs- und Beschäftigungspolitik definiert.
In ihrem "Fortschrittsbericht" der Kommission über die Folgemaßnahmen zu der Mitteilung "Einbindung der Chancengleichheit in sämtlichen politischen Konzepten und Maßnahmen der Gemeinschaft" (1999) stellt die Kommission fest, dass es weiterer intensiver Schritte zur Durchsetzung der Gleichstellung bedürfe, weil bisherige Maßnahmen keinen größeren Einfluss auf die Gleichstellung hatten.
"Obwohl spezielle positive Maßnahmen als Teil eines dualen Ansatzes in der nächsten Zeit unverzichtbar sind, erfordert das "Mainstreaming" insgesamt einen umfassenden Ansatz. Weiteren Fortschritten in dieser Richtung stehen vor allem folgende Hindernisse im Wege:
Mit dem dargestellten dreidimensionalen Analysemodell lassen sich die personenbezogenen Berufe und Berufsausbildungen ordnen.
"Gender-Kompetenz in Mainstreaming-Verfahren bedeutet aber auch, dass bestehende Erkenntnislücken ausgewiesen werden. Je mehr der kritische Geschlechterblick in allen Bereichen geschärft wird, desto deutlicher kommt auch zum Vorschein, wie wenig detailspezifische Erkenntnisse vorhanden sind. In diesen Fällen müssen neue Erhebungsfragen formuliert werden, Datenanalysen gefordert werden und vorhandenes Wissen unter veränderten Fragestellungen analysiert werden. Der Ausweis solcher Wissenslücken oder Hinweis auf die fehlenden Daten im Mainstreaming-Prozess heißt jedoch nicht, dass die Frauen in den entsprechenden Gremien diese Daten beizubringen haben. Vielmehr ist es die Aufgabe der jeweiligen Institutionen, der Abteilungen oder der Verwaltungseinheiten, die das infrage stehende Projekt zu verantworten haben." (Stiegler, B. 1999).
Die vorliegende Expertise, die einige herausgehobene und dadurch zugegebenermaßen eingegrenzte Bereiche der Beschäftigungs- und Berufsbildungspolitik in den personenbezogenen Dienstleistungen thematisiert, stellt somit einen neuerlichen Ausgangspunkt zur weiteren Thematisirung der Entwicklung, dezitiert aus der Perspektive von Frauen dar.
Dies ist notwendig, weil auch in den aktuellen Vorschlägen zur Intensivierung der Forschung im Bereich der Entwicklung der Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft, wie insbesondere im Rahmen der BMBF Initiative: "Dienstleistung als Chance: Entwicklungspfade für die Beschäftigung" (1999) vorgelegt, eine durchgängige dezidierte geschlechtsspezifische Differenzierung als Aufgabe für die Forschung nahezu vollständig fehlt.
Demgegenüber fordert die EU-Kommission gerade hierzu auf, dass Forschungspolitik für die Informationsgesellschaft der Sichtweisen von Frauen explizit zu berücksichtigen hätte, um die Potenziale von Frauen zu nutzen und hierdurch, besonders in der Forschung Nutzen aus den kombinierten Sichtweisen von Frauen und Männern zu ziehen.
"Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Frauen in dem Prozess der Förderung von Kenntnissen und Fähigkeiten nicht zurückbleiben. Die volle Mitwirkung der Frauen ist erforderlich für die Gestaltung einer Informationsgesellschaft, die die Geschlechterdimension berücksichtigt und Männern und Frauen gleichermaßen zugute kommt. Es gibt zahlreiche mehr oder weniger einmalige von der Kommission finanzierte Aktionen. Dennoch dominieren Männer und eine männliche Sichtweise immer noch in diesem Bereich. Frauen sind weiterhin auf obersten akademischen Ebenen und im Bereich Forschung und Innovation unterrepräsentiert. Ein kohärentes Gleichstellungskonzept für die Durchführung des Fünften Rahmenprogramms der Europäischen Gemeinschaft für Forschung und technologische Entwicklung einschließlich Demonstration (1998-2002) und zu anderen Gemeinschaftsmaßnahmen in diesem Bereich ist erforderlich. Von der Nutzbarmachung des gesamten Potenzials von Frauen und Männern in der Forschung und der wissenschaftlichen Entwicklung sind große Vorteile zu erwarten im Hinblick auf eine Bereicherung und stärkere Energie der kombinierten männlichen und weiblichen Sichtweisen von wissenschaftlicher Forschung sowie die Entwicklung und Anwendung neuer Technologien. Angesichts der zunehmenden Tendenz, die Forschungspolitik der EU und der Mitgliedsstaaten darauf auszurichten, dass wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen entsprochen wird, können Frauen einen entscheidenden Beitrag liefern" (Fortschrittsbericht 1999: 25f).
Personenbezogene Dienstleistungsberufe sind so gesehen ein vorrangiges Forschungsfeld, in dem die Forschungen über Frauen, Frauenforschung und Gleichstellungspolitik zusammenfallen.
Parallel argumentiert der Wissenschaftsrat mit der Perspektive auf Frauen in der Wissenschaft. Dieses zentrale Gremium aller Hochschulen in Deutschland sieht die Notwendigkeit "sich selbsttragende Prozesse" (S. 11) der Gleichstellung zu etablieren, sie zu begleiten und zu überprüfen.
"Ziel aller Bemühungen muss es sein, sich selbst tragende Prozesse der wachsenden Beteiligung von Frauen aufzubauen. Auf der Grundlage individueller Entscheidungen soll möglichst schnell ein Grad der Beteiligung von Frauen auf allen Ebenen in Wissenschaft und Forschung erreicht werden, der eine stabile Grundlage für die Entfaltung solcher Entwicklungsprozesse sein kann. Dies erfordert beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung vorrangig solche Maßnahmen, die auf Dauer angelegte Veränderungsprozesse auslösen, stützen und beschleunigen. Erst eine stetig wachsende und uneingeschränkte Teilhabe von Frauen an Wissenschaft und Forschung gewährleistet eine grundlegende Optimierung ihrer Chancen und damit die Einlösung eines Grundrechtes.
Dieser Prozess bedarf der Begleitung und Verstärkung durch eine nachhaltige Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Dazu gehört vor allem eine neue, positive Bewertung der Familienpflichten durch die Gesellschaft, verbunden mit einem Ausbau vorschulischer und schulischer Betreuungsmöglichkeiten" (Wissenschaftsrat 1998).
Es wäre somit eine Verknüpfung beider Strategien der Gleichstellungspolitik, des EU-Gender-Mainstreaming und der Gleichstellung von Frauen in der Wissenschaft zu fordern, so dass das Feld der Dienstleistungsberufe als Frauenberufe und die Berufsausbildungen in Wissenschaft und Forschung eine zusätzlich prioritäre Bedeutung erhält. Der Wissenschaftsrat formuliert seine Position nur bereichsbezogen für den Hochschul-Arbeitsmarkt, quasi für die Selbstrekrutierung des Personals an Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Einrichtungen. Die Anwendung und Konkretisierung für den personenbezogenen Dienstleistungsbereich steht aus.
Im Kontext dieser Expertise geht es also auch darum, die EU und die Wissenschaftsratsprogrammatik zielorientiert auf die Frauenberufs-, Frauenberufs-ausbildungs- und -arbeitsfragen hin zu konkretisieren. Frauenberufe und personenbezogene Dienstleistungsberufe müssen regelmäßiger Gegenstand wissenschaftlicher Expertisen, von Forschungen, Berichterstattung und fachöffentlicher- und öffentlicher Diskussion werden, damit Denkblockaden und programmatisch-strategische Schieflagen sichtbar gemacht und einer Veränderung zugeführt werden können.
Dies darf aber nicht allein oder vorrangig eine Aufgabe für forschende, berichtende und eine fachöffentliche oder politische Vertretung von Frauen sein, sondern muss im Sinne der Gender-Mainstreaming-Strategie ein gesamtgesellschaftlicher Qualitätsmaßstab sein.
Querschnittsmisterien, wie in Berlin, in dem die Ressorts Arbeitsmarkt-, Berufsbildungs- und Frauenpolitik organisatorisch zusammengefasst sind, haben hier die besondere Chance, auf die Programme und Strategien Einfluss zu nehmen, Frauen- und Gleichstellungspolitik zu definieren, zu praktizieren und das dafür benötigte frauenpolitisch akzentuierte Wissen zu erzeugen oder im Bereich Forschung für die Zukunft anzuregen und einzufordern. In der Expertise wurde der Weg gewählt, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren.
Mit der Rekonstruktion personenbezogener Dienstleistungen als spezifischen Frauenarbeits- und -berufsbildungsbereich in den Dimensionen
Diese Frage der Bewertung von Kompetenzen und Qualifikationen, die für den Bereich von Frauenberufen und ihrer "mittelbaren und unmittelbaren" Diskriminierung im Betrieb, am Arbeitsort, in den Entgelt- und Tarifsystemem (Winter 1994, Karsten 1994, Rabe-Kleberg 1994, Winter/Krell 1997) bereits langjährig diskutiert wird, ist aktuell Gegenstand von Reflexionen im europäischen Maßstab als Voraussetzung für eine europäische Einordnung der Berufe und die Bewertung und Anerkennung von Kompetenzen und Qualifikationen.
Ausgangspunkt ist dort die Erkenntnis, dass der Zusammenhang von (Berufs-)Bildungs- und Beschäftigungssystem zunehmend auseinander fällt und es angesichts der gravierenden Veränderungen in der Arbeitsorganisation, in den Arbeitsvollzügen und in den Arbeitsanforderungen darum gehen muss, die Bewertung und Anerkennung von Berufen für eine europäische Berufsausbildungspolitik zu diskutieren und als Feld der Gestaltung zwischen den europäischen Sozialpartnern zu bestimmen.
Dadurch, dass Berufsausbildungs-, Arbeitsmarkt- und betriebliche Bewertungsverfahren in den europäischen Mitgliedsstaaten uneinheitlich sind, ist es nunmehr auch für alle anderen Nicht-Dienstleistungsberufe und -arbeiten notwendig, die Zusammenhänge von Bildung und Beruf neu zu überdenken.
Personenbezogene Dienstleistungsberufe als Frauenberufe und Nicht-Dienstleistungsberufe sowie Aushandlungsprozesse zu ihrer Bewertung und Anerkennung nähern sich an. Es könnte somit über den Umweg Europa die Situation entstehen, dass die Diskussions- und Verhandlungsintentionen, die für das duale Berufsausbildungssystem und den entsprechenden Arbeitsmarkt galten und im industriealistischen Gesellschaftsmodell begründet liegen, aufgehoben werden und die Bereitschaft, alle Berufe und den ganzen Arbeitsmarkt für Frauen und Männer nach den gleichen Vorgehensweisen zu denken und zu verhandeln, erhöht wird. Ein wesentlicher Schritt zur Gleichbehandlung von Frauen- und Männerberufen wäre dann getan.
Als Ergebnis des "Valid Leonardo-Projektes" legt die Hans Böckler Stiftung (Heidemann/Kruse 1999) hierzu ein Diskussionspapier vor, das zur Durchordnung der komplexen Zusammenhänge zwischen:
(a) Formale Zertifizierungssysteme,
Diese Zusammenhänge werden als "weißer Fleck" europäischen Wissens im Hinblick auf eine europäische Berufsbildungspolitik bezeichnet." (Karsten u.a. 1999: Entwicklung des Qualifikations- und Arbeitskräftebedarfs in personenbezogenen Dienstleistungsberufen, S. 20-26).
"Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Gestaltungserfordernisse nicht nur auf einen der "Pole" des "Magischen Dreiecks" begrenzt sind, sondern zugleich der dynamische Zusammenhang zwischen diesen Bereichen bearbeitet werden muss. Dies wurde im Projekt im Prinzip auch anerkannt; allerdings wurden Zweifel an der Machbarkeit vor dem Hintergrund der unterschiedlichen nationalen Verhältnisse, der unterschiedlichen Tradition und Politik der Sozialpartner in den beteiligten Ländern und der Umbrüche in den industriellen Beziehungen angemeldet.
Die Entwicklung eines integrierten Gestaltungskonzepts für das gesamte "Dreieck" müsste auch bedeuten, dass bislang auch innerhalb der Organisationen der Sozialpartner vorhandene starke Arbeitsteilung und "Abschottung" von Zuständigkeiten zugunsten einer Zusammenarbeit ihrer Experten für Bildung, Tarifpolitik und Betriebspolitik zurückgenommen werden müssten. Im Projekt konnte für alle beteiligten Länder konstatiert werden, dass in den einzelnen Gestaltungsbereichen vieles in Bewegung ist, mit oder ohne Beteiligung der Organisation der Sozialpartner. Es gibt eine Reihe von Praxisbeispielen aus den beteiligten Ländern, die für eine Fortführung der konzeptionellen Diskussionen über die Gestaltung von Anerkennung und Bewertung von Qualifikationen eine wichtige anregende Funktion haben können (Heidemann/Kruse 1999: 22).
Dieses Reflexionsmodell wurde für die transnationale Anerkennung entwickelt. Es ist kein Zufall, dass heute ein europäisches Projekt zur Entwicklung von Strategien und Methoden wechselseitiger Anerkennung von Berufen, Zertifikaten, Bewertungen, Berufsausbildung, Kompetenzentwicklung und Entlohnung ein vergleichbares Analysemodell entwickelt wie dies für personenbezogene Dienstleistungen für Frauen mittlerweile seit einigen Jahren erprobt wird (Karsten 1993, 1995, 1998, 1999). In beiden Fällen geht es nämlich darum, Zusammenhänge neu zu ordnen, ungleiche historische Entwicklungen zwischen Ländern (EU-Mitgliedsstaaten) oder zwischen Frauen- und Männerberufen dabei bewusst zu erfassen und im Hinblick auf Gleichstellung neu zu durchdenken. Es entspricht in wesentlichen Punkten dem der Expertise zugrunde gelegten professionalisierungstheoretisch entwickelten Analysemodell.
Für den personenbezogenen Dienstleistungsbereich werden wegen seiner historischen Besonderheit die fünf Felder:
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Einführung/Thesenpapier/ Bericht - Veronika Pahl - Maria-Eleonora Karsten/ Christoph Ehmann
Round-Table 1:
Round-Table 2: |