Potsdamer Konferenz - Forum II
Maria-Eleonora Karsten/ Christoph Ehmann Thesen: Chancengleichheit und berufliche Bildung
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Die Bindung des Angebots an dualen/praxisbezogenen Ausbildungsstellen an das Vorhandensein von funktionierenden Betrieben hat sich zwar in den letzten Jahren durch die Bereitstellung außerbetrieblicher Bildungsstätten deutlich verringert. Dennoch sind die Chancen junger Menschen in strukturschwachen Regionen deutlich reduziert. Wenn dann noch kulturelle Restriktionen hinzu treten, die jungen Frauen die Suche einer Ausbildungsstelle fern des elterlichen Haushalts erschweren, so verstärkt sich diese Benachteiligung. Ohnehin ist nach rund 30 Jahren praktizierter Chancengleichheit in der Berufsausbildung im Kontext von Gender-Mainstreaming die Bilanz der Verwirklichung aus der Sicht von Frauen ernüchternd:
Das Gesamtausbildungssystem von den dualen bis zu den schulischen Berufsausbildungen wird weiterhin sowohl organisatorisch als auch curricular weitgehend getrennt diskutiert und politisch verhandelt. Diese bis in die administrativen und politischen Zuständigkeiten hineinreichenden Trennungen haben bis heute eine Gesamtschau verhindert und zu nachweislichen Ungleichheiten geführt.
So werden z.B. die 128 schulischen Berufsausbildungen zum ersten in der Regel bei den politischen Überlegungen unberücksichtigt gelassen, zum zweiten aber vor allem von jungen Frauen besucht. Trotz aller Modernisierungen der letzten Jahre sind denn auch folgende Themen unterschiedlich geregelt oder gar weiterhin ungeklärt:
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Dabei haben sich Differenzierungen in der Weise herausgebildet, dass von den ungünstigeren Varianten eher jungen Frauen betroffen sind. In den Zeiten des harten Kampfes um bezahlte Ausbildungsstellen ziehen Mädchen und junge Frauen den kürzeren. In steigendem Umfang werden sie auf weiterführende allgemeinbildende Schulen verwiesen. Die Erhöhung ihres Anteils an allen Abiturienten vor allem in Ostdeutschland ist jedoch nicht mit einer entsprechenden Steigerung ihrer beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten verbunden, wie dies bislang selbstverständlich erschien. So bewirken die manifesten und latenten Chancenungleichheiten im Berufsbildungssystem ungleiche Startchancen im Beschäftigungssystem, insofern auch die Organisation der Arbeitsmärkte weiterhin segmentiert ist: Der fast ausschließlich von Frauen bediente Arbeitsmarkt für personenbezogenen Dienstleistungen ist deutlich gegenüber den anderen Teilmärkten abgewertet.
3. Sie wird jedoch angesichts der Veränderung in der Berufswelt nicht zu einer Entlastung der öffentlichen Haushalte führen, da die zukunftsträchtigen Berufe voraussichtlich einen wachsenden "Staatsanteil" in Form von mehr Berufsschulunterricht und Unterweisung in überbetrieblichen Ausbildungsstätten benötigen als noch üblichen stark besetzten Berufe. Die europäische Einigung wird die Auflösung detaillierter Vorgaben für die Berufsausbildung befördern. Sie wird gleichzeitig einem europaweiten System der Zertifizierung von Kenntnissen und Fähigkeiten ("Europapass") zum Durchbruch verhelfen, das nicht weniger, sondern anders regelt, dabei aber dem und der einzelnen eine stärkere Verantwortung für die Gestaltung seiner bzw. ihrer Gesamtqualifikation abfordert. Gerade dies wird die Notwendigkeit eines differenzierten Bildungsberatungssystems zusätzlich begründen.
4. Dieses "Kapital" wird nicht nur in Schulen und Ausbildungseinrichtungen "angesammelt", sondern schon in der vorschulischen Bildung grundgelegt. Was im vorschulischen Bereich an Förderung nicht geschehen ist, wird immer schwieriger nachholbar. Da diese Einsicht aber erst langsam und nicht in alle Schichten gelangt, wird die Berufsausbildung ihre heutige "methodische Einheitlichkeit" aufgeben und sich bewusst den unterschiedlichen Gruppen mit sehr unterschiedlichen Methoden zuwenden müssen, um Chancengleichheit im Ergebnis annähernd erreichen zu können.
5. Dies bedeutet eine Neuverteilung der Gewichte und Verantwortlichkeiten zwischen Staat, Gesellschaft und Wirtschaft. Modelle dafür könnten Berufsakademien und einige Fachhochschulausbildungen sein oder die neuen Formen von Kooperationen von Berufsschulen, Fachhochschulen und Universitäten.
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Angesicht der hohen Bedeutung, die dem Übergang von der Schule über die Berufsausbildung in die Erwerbsarbeit für die Sicherung der Chancengleichheit ebenso wie für den Zusammenhalt des demokratischen Gemeinwesens zukommt, bedarf es des moderierenden und "wissenden" Staates, der in der Lage ist, bei drohenden gesellschaftlichen Verwerfungen einzugreifen.
Vorrangig ist der Aufbau eines pluralen Beratungssystems, das den Interessenten und Lernenden vor Ort zugänglich ist und ihnen jene Unterstützung gewähren kann, die für die Wahrnehmung der Eigenverantwortung erforderlich ist. Alle Berufsbildungseinrichtungen sollen die Qualität ihrer Angebote gewährleisten. Deshalb sollen die Einrichtungen auf der Grundlage genereller Standards akkreditiert und regelmäßig überprüft werden. Die Offenlegung des Angebots und die regelmäßige Überprüfung der Qualität sind die Grundlage, um für die Lernenden Transparenz über die Bildungsanbieter und ihre Angebote herstellen und ggf. mit öffentlicher Unterstützung Vorsorge für ein ausreichendes Bildungsangebot treffen zu können.
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Einführung/Thesenpapier/ Bericht - Veronika Pahl - Maria-Eleonora Karsten/ Christoph Ehmann
Round-Table 1:
Round-Table 2: |